Auf leisen Pfoten in die Kellerwald-Region zurückgekehrt – die Wildkatze
Das hiesige Wildkatzen-Monitoring, basierend auf Analysen von Haarproben und Wildbeobachtungskameras, besteht inzwischen seit zehn Jahren und ist auf internationalem Parkett etwas ganz Besonderes, da es sowohl in seiner Kontinuität als auch Intensität wegweisend ist. Gleichzeitig ist die Wiederbesiedlung der Wildkatze für den Nationalpark Kellerwald-Edersee ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber anderen Nationalparks wie Harz, Eifel oder Hainich, die bereits etablierte Wildkatzenpopulationen beherbergten. Noch im Winter 1999/2000 blieb im damaligen Waldschutzgebiet Edersee ein Versuch ohne Erfolg, die Wildkatze nachzuweisen. Erst im Winter 2006/2007 konnte im Nationalpark mit Hilfe der Lockstock-Methode ein sicherer erster Wildkatzennachweis erbracht werden. Alle Indizien sprachen für eine initiale Wiederbesiedlung im Nationalpark Kellerwald-Edersee in den letzten 10 bis 15 Jahren. Für die Forschung tat sich hier die einmalige Möglichkeit auf, diese Wiederbesiedlung wissenschaftlich zu begleiten und zu dokumentieren. Seit den 1950er Jahren war die Wildkatze aus dem Kellerwald verschwunden. In den Südhängen der Locheiche gelang im Jahr 2007 mithilfe der Lockstockmethode der erste Nachweis im Gebiet des Nationalparks und damit auch für den Kellerwald. Die Methode zum Sammeln von Wildkatzenhaaren ist vergleichsweise einfach. Während der Paarungszeit zwischen November und März reagieren Wildkatzen stark auf Baldrian. Sie reiben sich an den mit Baldrian beköderten Lockstöcken und verlieren dabei Haare. Diese werden bei regelmäßigen Kontrollen eingesammelt und anschließend im Forschungsinstitut Senckenberg untersucht. Im Nationalpark gibt es auf einer Waldfläche von 56 km² aktuell rund 70 solcher Köderstöcke, die phasenweise mit Wildbeobachtungskameras kombiniert werden. Dadurch gelang 2009 auch der erste Fotonachweis im Nationalpark Kellerwald-Edersee. In der Anfangszeit konnte die Analyse der Haarproben lediglich bestätigen, ob es sich bei dem untersuchten Material um eine Wildkatze handelte. Doch die rasante Forschungsentwicklung in der genetischen Analytik mit nur geringen DNA-Mengen brachte auch die Wildkatzenforschung voran. Mit der sogenannten Mikrosatellitenanalyse wurde es möglich, bereits aus wenigen Wildkatzenhaaren genetische Informationen aus dem Zellkern zu extrahieren und damit Unterscheidungen nach Geschlecht und Individuum treffen zu können. Seit dem Winter 2008/2009 lagen nun für den Nationalpark erstmals Individualnachweise vor. Seit diesem Zeitpunkt gelang es, 21 verschiedene Wildkatzen, zwölf Kater und neun Kätzinnen, im Nationalpark Kellerwald-Edersee zu bestätigen. Nun ist es auch möglich, Lebenswege einzelner Tiere durch die räumliche Bestätigung ihrer Anwesenheit über Jahre hinweg zu verfolgen und Einblick in individuelle Lebenserwartungen und sogar ihre Wanderbewegungen erhalten zu können.
13. Juni 2016